Schweizer Western von/mit Angy Burri
Ab und wann möchte ich die eine oder andere Rarität aus meiner Filmsammlung vorstellen. Der erste Beitrag gebührt dem (meines Wissens) einzigem Western, der je ausschliesslich in der Schweiz produziert wurde.
Zunächst einmal sei gesagt, dass ich lange Zeit nicht einmal den Namen des Filmes kannte. Ich wusste einfach, irgendwann in meiner Jugend war am Fernsehen die Rede davon, dass in der Innerschweiz ein Western gedreht werde.
Damals verkleideten wir uns als Kinder ja unbeschwert als Indianer, die Winnetou-Filme liefen immer über Weihnachten und mit Spielfiguren wurden ziemlich abartige Kämpfe im Wohnzimmer veranstaltet. Heute mag dies alles reichlich weit entfernt erscheinen. Dieses Prädikat darf auch für The Wolfer angeführt werden. Bereits beim Intro wird klar, wir befinden uns in heimischen Gefilden:
Selbst Emil Steinberger wird dankend verwähnt. Die Geschichte beginnt damit, dass ein paar Cowboys um einen Planwagen herumsitzen und in einer Art Pfadigroove essen und sich über dies und das unterhalten. Die ersten knapp acht Minuten sind um, ehe sich unser Held (The Wolfer) an der Bar verabschiedet mit den Worten ‹I will be back in Spring›. Damit sei auch angemerkt, die Filmsprache ist Englisch.
Ob dies eine Wahl war, schwer zu sagen. Aber hätte ich den Film als Kind gesehen, ich wäre natürlich recht enttäuscht gewesen. Dabei wäre der Film (abgesehen von einer kurzen Sexszene) durchaus kindgerecht. Denn gezeigt werden nicht Cowboys, welche andere Cowboys oder Indianer «abknallen», vielmehr wird das Leben im späten 19. Jahrhundert gezeigt. Dabei gibt es auch ein Verbrechen bzw. die Rache dazu, aber dieser Strang ist eher sekundär.
Der Film lebt (zumindest aus meiner heutigen Sicht) von extrem schönen Bildern aus den Innerschweizer Bergen, wobei diese täuschend gut zu einem Drehort im US-Bundesstaat Montana bzw. den Rocky Mountains passen würden. Gedreht wurde aber in der Schweiz, vielleicht mit der Ausnahme, dass zwei oder dreimal eine Büffelherde für ein paar Sekunden auftaucht und ich dort doch eher an einen «US-Import» tippen würde. Diese Szenen sind aber derart gut in den Film eingebettet, dass es erst bei sehr genauem Hinsehen auffällt. Abgesehen davon besticht der Film mit viel Liebe zum Detail, was z.B. auch an den Kostümen und dem Dekor der Gebäude zum Ausdruck kommt.
Auf der Homepage thewolfer.ch kann die DVD bestellt werden. Wobei die Wortwahl «vorbestellen» nicht ganz glücklich gewählt ist. Ich weiss damit ja nicht, ob die DVD erst noch erstellt werden muss oder ob die DVD umgehend ausgeliefert wird. Ebenso passt der Preis von 49,90 exkl. MwSt sicher gut zur Filmrarität, aber weniger gut zu meinem Budget. Meine «Schmerzgrenze» pro Film liegt bei ca. 30 Franken. Aber gut, hätte ich den Film nicht über die Zentralbibliothek als Fernleihe aus Luzern für unter 10 Franken «ausleihen» können, hätte ich den Preis am Ende sicher bezahlt.
Wie bereits erwähnt, the Wolfer besticht nicht primär durch Action, dafür lässt er einen aber gut in alte Zeiten eintauchen. Dies umso mehr, als die Filmmusik sehr stimmig zu den Bildern gehalten ist. Als besonderen Leckerbissen hatte meine DVD zudem eine zweite Sprachspur, wo Angy Burry sehr detailliert und informativ darüber Auskunft gibt, wie der Film entstanden ist.
So erfahre ich z.B. (um Minute 9) herum, dass für die Innenaufnahmen der Bar bzw. am Ende die «Westernsiedlung» der Blauenberg, das Schwendi Kaltbad zum Einsatz kam. Ein Blick auf die aktuelle Homepage https://www.kaltbad.ch zeigt leider auch, dass die damals bestehenden Gebäude wohl nicht mehr vorhanden sind, und daher auch von dieser Szene zum Abschluss eine kleine (wehmütige) Erinnerung.
Leider sollte The Wolfer der einzige Film von Angy Burri bleiben. Vom Winnetou vom Pilatus, wie Angy Burri auch genannt wurde, hätte ich gerne mehr gesehen. Immerhin, kurz vor seinem Tode im Jahre 2013 hat der damalige Filmstudent Dominik Suppiger zusammen mit Angy Buri den Kurzfilm «The Cowboy and I» gedreht. Wer folglich in die Welt von Angy Burri eintauchen möchte, dem sei Der Cowboy und ich (Film online, 16 Minuten) herzlich empfohlen. Viel Spass!
P.S: Falls jemand weitere Schweizer-Westernfilme kennt, bitte gerne melden. Ich würde diese an dieser Stelle hinzufügen.
P.S II. Die Bilder in diesem Beitrag entstammen dem Filme ‹The Wolfer›. Sie werden hier im Sinne des Zitierungsrechtes verwendet. Eine anderweitige Verwendung ist ausgeschlossen. In diesem Sinne dürfen die Bilder auch nicht ab dieser Homepage kopiert werden.